Georgs Finnland Web-Diary (November 2002)

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01.11.2002 Fr

Bin beim Interpreting: Eine Rede halten und zwei finnische Studis machen eine Simultanübersetzung. Habe mir die Regierungserklärung von Fischer rausgesucht, in der Sachthemen und kleine persönliche Dispute drin sind. Sowas gäbe es in Finnland nicht und auch keine Zwischenrufe, also eine andere parlamantarische Kultur. Ich merke, daß ich Reden ablesen noch viel üben muß - frei sprechen ist für mich leichter.
Mit Pia squashen :-)

02.11.2002 Sa

Mit Pia Space Cowboys gesehen. Nicht so lustig, wie ich mir ihn vorgestellt hatte. Die Handlung ist zu glatt und vorhersehbar.

05.11.2002 Di

Pia geht mit zum Zirkeltraining, weil sie sich mit den beiden Finninen vom Bruder-Schwester (FI-D) - Sprachprogramm dazu verabredet hat. Schon 2 Stunden später merkt sie die Oberschenkel-Muskulatur...

06.11.2002 Mi

Pia hat extrem Muskelkater. Treppen steigen ist besonders witzig. Sie kann gar nicht glauben, daß man überhaupt so starken Muskelkater haben kann... *gg* Irgendwie fühle ich mich an meine Anfänge beim Kali in Bamberg erinnert, da hatte ich solchen Muskelkater...allerdings im Bauch, was ich persönlich noch etwas fieser als bei den Beinen finde, weil: Man kann aufstehen und Treppen vermeiden, aber man kann nicht lachen etc vermeiden.
Gang ins Reisebüro für den Tallin-Trip. Nachdem die billigste Transportmöglichkeit ausgelotet ist und die Tickets fertig sind, erinnert uns die freundliche Dame an unsere Pässe. Wie, Pässe? Ja, nach Tallin braucht man einen Paß. Ups, unsere Pässe liegen beim russischen Konsulat gegen des Visas für St. Peterburg! Also den Tallin-Trip um 2 Wochen verschieben, alle Tickets neu austellen. Tut uns voll leid...
Pia und Anne versuchen sich mit dem Netzwerkkabel (Verbindung zwischen den beiden Rechnern), sind ganz glücklich, wie gut das funktioniert. Ich lasse sie alleine probieren und finde es spannend zu sehen, wie kompliziert Windows doch immer noch ist. Die beiden stellen sich keineswegs doof an, sondern Windows macht manche Dinge unnötig kompliziert ("X freigegeben an Gerri" - heißt dieses "an", daß X für Gerri freigegeben ist, oder daß X an Gerri angebunden [es ist kein externes Gerät an Gerri angebunden!] ist? Richtig, bedeutet, daß X an Gerri angebunden ist...)

12.11.2002 Di

Nach dem Zirkeltraining frieren mir meine nassen Haare extrem schnell ein, nach ca 1-2 min draußen habe ich Eiszapfen am Kopf hängen. Krass!

13.11.2002 Mi

Pia weist mich auf einen Rucksack im Tullintori (Shopping Mall bei Uni) hin, wir schauen ihn uns zusammen an, 40 Liter, sehr funktional und dabei keine ekligen Farben etc. Kaufe ihn mir, weil ich nur einen kleinen Daypack (25 Liter) und einen riesigen Rucksack (ca 75 Liter) habe - für Wochenendtrips ist der eine zu klein und der andere viel zu groß. Jetzt habe ich auch die goldene Mitte ;-)
Abfahrt nach St. Petersburg um 24:00

14.11.2002 Do - 17.11.2002 So (St. Peterburg)

Bilder
Hier ist eine ganz andere Atmosphäre als in Deutschland, Finnland, Schweden oder auch Estland. Es ist einfach anders.
Stadt mit ganz toller Substanz, ausschließlich Steinbauten, im Zentrum keine Neubauten, vieles noch sehr heruntergekommen, einiges aber schon sehr schön restauriert.
An Hauptstraße (Newski Prospekt) fühlt man sich sicher, wenige 100m davon entfernt auch noch, darüber hinaus nur noch in Gruppen. Wirklich wichtige Dinge (Pass, großes Geld, Kreditkarten etc) direkt am Körper unter der Kleidung tragen. Paßkopie reicht zum Ausweisen und zum Wechseln.
Einerseits sehr dreckig (Smog + Abgase im Wasser auf Straße gelöst), andererseits sehr sauber (keine Zigarettenkippen etc) weil sehr häufig gekehrt wird
Kaum jemand spricht Englisch, selbst in Restaurants, Bars und teuren Läden
Viele Geschäfte, oft bis 21 Uhr offen, teilweise extrem teuer (West-Sachen) und teilweise Knappheit wie zu Sowjet-Zeiten (Schuhe nur in einer Größe)
Leitungswasser tendenziell nicht trinken, evtl. nichtmal zum Zähneputzen geeignet (rostige Rohrleitungen im Haus!).
1 Euro = 31 bis 32 Rubel (je nach Wechselstube, etwa in der Mitte Newski Prospekt bester Kurs)
Ein richtig gutes Essen gibt's für ca 150 Rubel. Gutes, günstiges Restaurant mit typischen, leckeren Gerichten: Vom "Platz des Aufstandes" (vor Moskauer Bahnhof) die Ligovskovo etwa 500m Richtung Norden gehen, auf der linken Straßenseite kommt in rot-weisser Schrift "Y Tewu ha Fauhax".
Hotel "Moskow" ist ok, Metro-Station gleich im Haus, Metro kostet 6 Rubel.
Für Fotos in Sehenswürdigkeiten muß meistens eine Lizenz gekauft werden, die ca 100 bis 150 Rubel kostet. Gemälde darf man nicht mit Blitz fotografieren.
Man sollte Getränke nur in Läden kaufen und auch dort nur verschlossene Flaschen, besonders kein Vodka auf der Straße kaufen (Gesundheitsrisiko), kein Leitungswasser trinken
Als Taxi funktionieren alle Autos, nur einsteigen wenn nur Fahrer drin ist, mit Daumen runter anhalten, Ziel und Preis vor Einsteigen aushandeln (ca 100 Rubel für 5-10km)
Der Trip nach St. Petersburg ist auf jeden Fall empfehlenswert.

17.11.2002 So

Preise für 30min Squash-Court (also für 2 Personen) im Uni Atalpa-Gebäude:

Mo-Fr	EUR	Sa	EUR
08-10	2,70	ganztags	4,70
10-15	3,90
15-21	5,40
21-22	3,90

Man merkt schon sehr deutlich, zu welchen Zeiten viel Nachfrage herrscht (ab 15h) und zu welchen fast keine (08-10). Allerdings finde ich die Preise insgesamt etwas hoch (und andere wohl auch, da oft leer). Man zahlt sowieso einen Jahresbeitrag und kann Dusche+Sauna kostenfrei nutzen. D.h. das einzige, wofür man zahlen sollte, ist der Court - und der wird mit Sicherheit nicht so hohe Kosten verursachen!

22.11.2002 Fr - 24.11.2002 So (Tallin)

Bilder
Schöne, alte Innenstadt (15. JH), ziemlich komplett renoviert und schön gemacht, ziemlich sauber, man fühlt sich sicher und bekommt schnell eine Orientierung. Außerhalb der Burgmauern sind dann die neueren Gebäude, mal Plattenbau aus den 1970ern, mal modernste Glas-Beton-Bauten.
Weil die meisten Sehenswürdigkeiten Gebäude und die Gassen sind, laufen wir viel draußen herum. Und es ist richtig eklig kalt, weil viel feuchter als in Tampere.
Die Autoexpress der Reederei "Tallink" sind große Katamarane und deutlich schneller (1:40h) als die normalen Fähren (3h), dafür etwas teurer und fahren nur bei gutem Wetter. Es ist aber schon ein Erlebnis zu sehen+spüren, wie schnell die beschleunigen (jedenfalls für Technophile ;-). Ah, BTW, zum Hafen "Länsisatama / Västra Hamnen" im S-W Helsinkis kommt man vom Hbf aus mit der Straßenbahn Nr. 6.
Eigentlich hätten 2 Tage vollkommen gereicht. Es gibt nicht soo viel zu sehen, wenn man keine Lust auf Museen hat. Die Innenstadt ist klein.
Man bekommt hier so ziemlich alles billiger als in Finnland, vom Labello über Käse und Deo bis zu Wein.
100 Estnische Kronen = 6,39 Euro
10 Euro = 156,57 Estnische Kronen
Direkt am Rahthaus gibt es zwei gute Restaurants, die beide auf Mittelalter getrimmt sind und wo ein umfangreiches, leckeres Essen ca 150-250 EEK kostet. Das heißt, die Becher, Teller, Stühle, Musik, Leuchter, Kleidung der Kellner usw sind "wie damals". Im "Peppersack" führen die Kellner alle Stunde oder so kleine Theaterstücke auf und das Essen ist richtig gut. Im "Olde Hansa" schauspielern die Kellner die ganze Zeit (Bsp: War das Essen gut? Ja. Freut mich zu hören - die Köche dürfen also heute ihren Kopf behalten!), dafür ist das Essen bäuerlich - nicht schlecht, aber einfach. BTW: Man sollte mittags für den Abend reservieren, wenn man einen schönen Platz will...
Gehen in Viru 5 zur Massage (nein, nicht erotic oder so! :-) für ca 12 Euro. Seeehr entspannend, sehr wohltuend.
Auf der Fähre zurück nach Helsinki fällt uns ganz deutlich auf, daß wir uns auf dem Weg nach Finnland befinden müssen: Überall stehen Taschen herum, ohne daß jemand drauf aufpasst oder sich Sorgen macht. In Deutschland traut man sich kaum, 5 Meter von der Tasche entfernt zu sein, und die Finnen stellen sie ab, gehen weg und kommen 3 Stunden später wieder. Krasser Unterscheid *g* Wäre schön, wenn das in D auch funktionieren würde.
Links: Stadt Tallin, Hotel-Liste (von der Stadt angeboten), Liste aller Jugendherbergen
Nachtrag: Als DJH-Mitglied bekommt man bei der Eckerö-Line einen Rabatt. Einfach bei www.iyhf.org unter "Discounts" schauen.

30.11.2002 Sa

In Telepolis-Artikel gelesen: Wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit von Überwachungskameras gibt es bislang nicht. Netter Fakt. Aber: Kann man deren Wirksamkeit denn überhaupt nachweisen? Wie will man das messen/quantifizieren (1 verhinderte Vergewaltigung = +1000 Einheiten, 1 ungerechtfertigt gefilzter = -20 Einheiten?) und womit vergleichen (Detektive, Polizeiarbeit,...)? Es wäre insbesondere interessant, wie man den Abschreckungseffekt (Wissen, daß Kameras existieren, aber nicht alle sind erkennbar) messen und belegen möchte. Dazu, ob die Kiminalität nicht einfach nur abwandert statt zu verschwinden und ob die Atmosphäre der Sicherheit und Überwachung nicht gerade Sorglosigkeit und damit Diebe verführt bzw. diese zu brutaleren Methoden (da schneller) "zwingt".
Im 1. Stock geht eine Tango Party. Hätte ich den Internationals nicht zugetraut, aber tatsächlich, es sind ca 20 Leute da, 2-3 Paare tanzen, der Rest quatscht und trinkt Wein. Nur wenige können überhaupt tanzen, was ich wirklich schade finde. Es macht doch Spaß und ist recht leicht. Ab einem bestimmten Zeitpunkt hört das Tanzen ganz auf und man beschränkt sich auf Musik lauschen und quatschen. Ein sehr schöner Abend mit einer angenehmen Atmosphäre.
Als wir meine CDs nehmen, fällt Pia eine auf: Finnischer Tango. Sie fragt leicht entsetzt, ob das meine sei. Ja, wieso? Nun, ausgerechnet diese CD hat sie als Weihnachtsgeschenk für mich... Irgendwie finde ich es voll lieb und süß von ihr, und es tut mir irgendwie leid, daß ich die CD schon habe.

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